BEFREIUNG AUS DEN "FÄNGEN DES SCHWEIGENS"
(Meinungen, Anmerkungen zum Beitrag von Zsuzsanna Éliás - Zsolt Rettegi - Ildikó Sturcz - Enikõ Szilágyi: Das psycho-soziale Bild Szombathelys, veröffentlicht in der 2. Nummer der Vasi Szemle 2002)

------------------------Die Studie zum psychischen Zustand der Bevölkerung Szombathelys deckte erstzunehmende Probleme auf, von denen die starke Isolation und Vereinsamung der Bevölkerung am auffälligsten sind. Die Ergebnisse der Studie verweisen auch auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge der psychischen Probleme.
------Nahezu dreißig Reaktionen von bedeutenden, mit der Stadt verbundenen Intellektuellen, u.a. von Wissenschaftlern, Schriftstellern, Ärzten, Hochschul- und Universitätslehrkräften, sind bei der Redaktion der Vasi Szemle (Vaser Rundschau) eingegangen. Die in unterschiedlichen Gattungen zum Ausdruck gebrachten Auffassungen interpretieren und ergänzen in vielerlei Hinsicht das in der Studie gezeichnete Bild. In zahlreichen Beiträgen wurde übereinstimmend der Standpunkt vertreten, dass über eine allgemeine Entwicklung hinaus positive Veränderungen hauptsächlich dann zu erwarten sind, wenn Szombathely endlich die seit der Wende verstärkten Möglichkeiten hinsichtlich der Institutionalisierung (z.Z. fehlen eine Universität und ein Theater!) und ziviler gesellschaftlicher Aktivitäten zu nutzen weiß.

 

FERENC GYURÁCZ: LITERARISCHE TRADITIONEN WEST-TRANSDANUBIENS

------Der Verfasser publiziert seinen auf einer Konferenz in Slowenien gehaltenen Beitrag. Unter Berücksichtigung historischer, literaturgeschichtlicher und kulturphilosophischer Aspekte analysiert er die west-transdanubische Bevölkerung. Die hier lebenden Menschen sind manchmal vielleicht sogar zu sanftmütig und zu ergeben. Als positive Charakterzüge sind ihre Geduld, ihre Mitte-Haltung sowie das Ablehnen von Extremen sowohl in der Kultur als auch in der Politik zu nennen. Das friedliche Nebeneinander von Gegensätzen und das tolerante Verhalten hängen in dieser Gegend mit dem starken Vorhandensein christlich-national Traditionen zusammen.
------Im zweiten Teil des Vortrages weist der Verfasser diese Charakterzüge anhand der Analyse von Írott Kõ (Geschriebener Stein), einer literarischen Szombathelyer Zeitschrift der 1930-1940er Jahre, nach.

 

TAMÁS SZÉLL: WARUM ZU MITTAG DIE GLOCKE ERTÖNT
(Die Geschichte des Mittagsläutens)

------Ungarnweit verbreitet ist die Auffassung, dass Papst Calixtus III. zum Gedenken an den Sieg von Nándorfehérvár (heute: Belgrad) im Jahre 1456 das Mittagsläuten verordnete. Im Ausland dagegen ist dieser Anlass unbekannt, einige verurteilen diese ungarische Annahme sogar als einverleibend und nationalistisch. Der Verfasser beschreibt zuerst das Läuten als Brauch und anschließend die Bedeutung der Nándorfehérvárer Schlacht. Aufgrund seiner Forschungen kommt auch er - wie bereits andere - zu der Feststellung, dass die Bulle zum Mittagsglockengeläut bereits 23 Tage vor der Schlacht datiert ist und die Christen zum Gebet gegen die Türkengefahr (im Interesse einer erfolgreichen Schlacht) aufmuntern sollte. Allerdings gelangte die Nachricht vom in der Schlacht errungenen Sieg früher oder mit der Bulle zugleich nach Buda. So kann berechtigterweise davon ausgegangen werden, dass in Ungarn das Mittagsläuten von Anfang an an den Sieg von Nándorfehérvár erinnert. Eine Korrektur des historischen Irrtums sollte keinesfalls die bisherige jahrhundertealte ungarische Auffassung und Praxis völlig vernichten. Auch aus heutiger Sicht scheint es berechtigt, dass wir im Zusammenhang mit dem Mittagsläuten dankbaren Herzens der in Erfüllung gegangenen Bitte gedenken.

 

MIKLÓS MELEGA: DIE WOHNHÄUSER VON GYULA ÉHEN

------Gyula Éhen ist eine legendäre Persönlichkeit Szombathelys. Unter seiner Amtszeit als Bürgermeister (1895-1902) wurde ein die Stadtgeschichte bestimmendes Entwicklungsprogramm der Infrastruktur durchgeführt. Die Nachwelt gedenkt seiner Bürgermeisterzeit auf verschiedene Weise, u.a. mit einer Gedenktafel, die am Gebäude seines vermeintlichen Wohnhauses angebracht worden war. Die Studie möchte darauf aufmerksam machen, dass Gyula Éhen in diesem mit der Gedenktafel versehenen Gebäude tatsächlich nur den letzten Abschnitt seines Lebens verbrachte, während er in seiner aktiven Zeit zwischen 1880 und 1912 in einem anderen Haus lebte. Letzteres ist auch unter kunstgeschichtlichem Aspekt von größerer Bedeutung, denn dessen Pläne stammen vom landesweit bekannten Architekten Alajos Hauszmann. Mit der Geschichte beider Häuser sind auch verschiedene Ereignisse und Wendepunkte im Leben des Bürgermeisters verbunden.